Wie die Alzheimer-Krankheit entsteht

Vor mehr als 100 Jahren hat Prof. Alois Alzheimer als erster eine Demenzerkrankung, die heute Alzheimer-Krankheit genannt wird, beschrieben. Prof. Alzheimer war ein deutscher Psychiater und Neuropathologe. Am 25. November 1901 begegnete Alzheimer in der Frankfurter Heilanstalt der Patientin, die ihn berühmt machen sollte: Frau Auguste Deter. Sie war erst 51 Jahre alt.

Ihr Ehemann brachte sie in die Anstalt, nachdem sie sich innerhalb eines Jahres stark verändert hatte. Sie war eifersüchtig geworden, konnte einfache Aufgaben im Haushalt nicht mehr verrichten, versteckte Gegenstände, fühlte sich verfolgt und behelligte aufdringlich die Nachbarschaft.

Alois Alzheimer ist damals überzeugt, dass diese Wesensveränderungen mit dem Gedächtnisschwund der Patientin zu tun haben, wie er nach ihrem Tod herausgefunden hat.

Prof. Alois Alzheimer

Am 9. April 1906 erhielt Alois Alzheimer einen Anruf: Auguste Deter war verstorben. Er ließ sich die Krankenakte und das Gehirn der Patientin zuschicken. Die Akte ergab, dass sich der Geisteszustand in den letzten Jahren massiv verschlechtert hatte. 

Die mikroskopische Untersuchung des Gehirns wiesen flächenweise zugrunde gegangene Nervenzellen und Eiweißablagerungen (sogenannte Plaques) in der gesamten Hirnrinde auf. Im November 1906 stellte Alzheimer in Tübingen vor Psychiatern und Nervenärzten, das später nach ihm benannte Krankheitsbild, als eigenständige Krankheit vor. 

Nervenzellen (Neurone)

Das Gehirn eines Erwachsenen enthält rund 100 Millarden Nervenzellen oder Neuronen. Auch können sich im erwachsenen Gehirn neue Nervenzellen  bilden– sogar noch bei knapp 90-Jährigen, wie eine spanische Studie nun zeigt. Demnach finden im Hippocampus tatsächlich bis ins hohe Alter hinein Neurogenese-Prozesse statt.

 

Bei Alzheimer-Patienten ist diese Erneuerung allerdings deutlich beeinträchtigt. Bei ihnen formieren sich mit fortschreitendem Verlauf der Erkrankung immer weniger neue Neuronen.

 

* Als Neurogenese wird die Bildung von Nervenzellen aus bestimmten Stamm- oder Vorläuferzellen bezeichnet

Aufbau einer Nervenzelle (Neuron)

Nervenzellen sind hoch spezialisierte, sehr sensible Zellen, die für die Weiterleitung von Informationen entlang der Kommunikationswege des Nervensystems zuständig sind.

Hunderte Milliarden von Nervenzellen ermöglichen im menschlichen Körper die Signalübertragung von den Sinnesorganen zum Gehirn und vom Gehirn zu Organen und der Körperperipherie. Aufbau und Funktion einer Nervenzelle sind so komplex wie faszinierend.

Nervenzellen in Bewegung: Lernen und Gedächtnis

Vielleicht eine der wichtigsten Funktionen der Nervenzellen für unser Selbstverständnis ist die Fähigkeit zu lernen. 

Unser Gedächtnis wird einem bestimmten Hirnareal, dem Hippocampus, zugeschrieben. Bei Lernvorgängen kommt es hier zu funktionellen Veränderungen an bestimmten Synapsen, die dazu führen, dass die elektrischen Antworten in den Empfängerzellen stärker werden. Durch häufiges Wiederholen, das heißt: Benutzen der Synapse, wird die Verbindung zwischen den beiden Zellen gestärkt (auch indem neue Verbindungen entstehen).

Man kann sich das wie einen Trampelpfad durch den Wald vorstellen: Je häufiger er benutzt wird, desto leichter zugänglich wird er – man kann ihn leichter wiederfinden und sich immer besser auf ihm fortbewegen. Genauso kann er aber wieder zuwuchern, wenn er nicht gebraucht wird.

Das passiert auch im Gehirn – Neues lernen lässt neue Verbindungen entstehen, werden sie nicht gebraucht, werden sie auch wieder abgebaut. Das bedeutet: Nur wer seine Nervenzellen in Schwung hält, bleibt auch geistig beweglich!

Entstehung von Alzheimer: β-Amyloid-Peptid und Tau-Protein

Forscher gehen heute davon aus, dass zwei Proteine eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von der Alzheimer-Krankheit spielen.

Zum einen das β-Amyloid-Peptid, das im Gehirn an den Nervenzellen Ablagerungen, sogenannte Plaques bildet. 

Zum anderen das Tau-Protein, das wesentlich an der Bildung von Neurofibrillenbündeln beteiligt ist.

Das Beta-Amyloid  ist ein natürlich im Körper vorkommendes Eiweiß, das durch eine biochemische Reaktion aus dem Amyloid-Vorläuferprotein entsteht. Im gesunden Gehirn wird das Eiweiß problemlos gespalten und abgebaut. Bei der Alzheimer-Krankheit verändert sich der Abbau des Amyloid-Vorläuferproteins.

Dadurch entstehen sogenannte Beta-Amyloid-Proteine, die sich als giftige Oligomere ansammeln. Diese wiederum verklumpen und bilden die unauflöslichen Ablagerungen zwischen den Nervenzellen, die sogenannten ß-Amyloid-Plaques, auch Alzheimer-Plaque genannt. Diese können nicht mehr vom Körper abgebaut werden.

 

Ein Oligomer ist ein Molekül, das aus mehreren strukturell gleichen oder ähnlichen Einheiten aufgebaut ist. Bei einer größeren Anzahl von Einheiten spricht man von einem Polymer

 

Das Tau-Protein befindet sich im Inneren der Zelle. Es formt Teile einer Struktur, die man Mikrotubuli (Röhrchen) nennt. Diese Röhrchen helfen beim Transport von Nährstoffen und anderen wichtigen Substanzen von einem Teil der Nervenzelle zu einem anderen.

Tau-Proteine sind für die Stabilität und die Nährstoffversorgung der Zellen verantwortlich. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird das Tau-Protein chemisch verändert.

Dieses veränderte Protein sammelt sich in der Nervenzelle und lagert sich in Form von Fasern an, den sogenannten Tau-Fibrillen. Die Zellen verlieren ihre Form, ihre Funktionen und zerfallen. 

Die beiden Eiweißablagerungen stören die Kommunikation in und zwischen den Nervenzellen. Dadurch sterben über viele Jahre hinweg Nervenzellen und Nervenzellverbindungen ab. 

 

Anatomie des Gehirns

Bei der Alzheimer-Krankheit  sind die Regionen im Gehirn, die für das Gedächtnis, das Denken, die Sprache und die Orientierung zuständig sind, betroffen.

Heute weiß man, das die Erkrankung im Hippocampus entsteht und sich dann über die Großhirnrinde weiter ausbreitet.